Marie, Käthe und die Hasenbande

Faul und träge wie Kähne im Kanal liegen wir auf der noch warmen Dachpappe, die Bäuche gefüllt mit Pellknolln und Leinöl, die Arme schwer vom Rudern, über uns der Nachthimmel, hell vom Licht der Perseidenschauer. So viele Sternschnuppen sehen wir, dass man sich gar nicht so viel wünschen kann, wie man eigentlich müsste, und nach so einem Tag fällt es eh schwer daran zu denken, was man gerne hätte, und nicht an das, was man dankbar vor Augen hat.

Ich bin zu Besuch bei Marie-Luise und ihrer Tochter Käthe, und ich bin hier, um ein ganz besonderes Band zu fotografieren: Das Band zwischen Mutter und Tochter, zwischen Tochter und Hase, zwischen Seele und Natur, zwischen Pfirsich und Nutella und, zu guter Letzt, zwischen Spreewaldkahn und Schwerkraft. Es wackelt bedrohlich, wenn Käthe reinspringt, rauspringt, aufsteht, rudert, das Kommando übernimmt, von Keksen nascht, während Marie-Luise uns durch die Fliese navigiert, routiniert wie eine alte Flößerin und begeistert wie eine, die hier alles zum ersten mal erblickt: Schaut hier, die Kähne, schaut da, die Sandbank, und dort, da springen die Fische.

Sich erfreuen am Leben und der Natur, das können die beiden gut, in aller Stille, oder in aller Wildheit, voller Humor und voller Sanftheit. Und während wir Abends am Feuer sitzen, noch ein bisschen Harry Potter lesen, bevor die Perseiden uns mit ihrem Glanz auf’s Dach locken, und die Hasen von den Gräsern naschen, da muss man doch an Ron Weasley denken: “So viel kann kein einzelner Mensch fühlen, ohne zu explodieren” – ja, stimmt schon. Aber wie gut, dass es solche Tage gibt, wo alles gut ist.