La Vie En Rose

„Drinnen zieht man die Schuhe aus!“
Wo er Recht hat, hat er Recht. Kleine Füße in blauen Socken tappen leise über den dicken Teppich, der im Vorraum des Standesamtes ausliegt und sonst nur den schweren Tritt von teuren Lederschuhen, uneingelaufenen Pumps und ächzenden Großelternschuhen kennt.
Drüben im Trauzimmer legt der Vater des blaubesockten Schleichers vorsichtig ein Koffer auf den Tisch, wo sonst das jungspundige Keyboard steht. Darin: ein Grammophon, älter als ich, in Würde gealtert. Geübt setzt er die Nadel ein, wischt die Schallplatte ab. „La Vie En Rose“ knistert warm und heimelig, Musik wie ein Lagefeuer an einem Sommerabend, während sich Familie Blausocke ein Ja zuflüstert. Schwofen möchte man dazu, sich im Takt wiegen. Die kleine Hochzeitsgesellschaft tanzt über die Elbwiese, auch dort erklingt Musik, und die ganze Süße des Lebens wartet auf. Es ist das Leben in den schönsten Farben — Herbstgold, Rosarot und Oktoberhimmelblau.