Tee, Ritual und Familie
Draußen donnert ein Sommergewitter. Es riecht nach Blüten, Staub und Tee. Ein geflüstertes „Ja!“ und eine fröhliche Liedzeile in einer mir fremden Sprache hängen in der Luft; es sind Echos der bewegenden Trauzeremonie, die wir Anwesenden gerade erlebt haben. Nun beginnt die traditionelle chinesische Teezeremonie, durchgeführt von der Mutter der Braut, einer Teezeremonienmeisterin. Die stille, kraftvolle Bedeutungshaftigkeit von Tee, Ritual und Familie beschreibt Braut Wen 雯, ausgebildete Tee Sommelier, wunderschön in eigenen Worten:
„Anfangs gefiel es mir einfach, bei meiner Mutti Tee zu trinken. Sie hat ihn zubereitet und ich habe getrunken, sie war fleißig, ich faul. 😌 Dabei konnten wir uns so viel unterhalten. Es war einfach schön und entspannt, einen Nachmittag so zu verbringen. Dann fing ich selbst an, Tee zuzubereiten, auch wenn ich alleine war. Ich mochte die Atmosphäre. Es hat was Buddhistisches und Beruhigendes. Auch wenn ich keine Gläubige bin, genieße ich Teetrinken als Ritual sehr. Seit dem letzten Jahr ist Tee zum Thema, sogar Grund meiner Selbstständigkeit geworden. Krass daran zu denken, dass Tee dazu geführt hat, dass ich meinen Job gekündigt habe. 😅 Seit jeher darf ich nicht nur an Tee denken. Ich muss auch an viel Papierkram und Geschäftszahlen denken, plötzlich ist es nicht mehr so ganz entspannt. Was ich aber weiß: Ich hatte noch nie so viel Spaß bei der Arbeit, ich möchte zum Tee noch so viel lesen, ausprobieren, reisen und lernen. Und ich vermisse es, wenn ich mal an einem Tag nicht dazu gekommen bin, Tee zu trinken. Ich denke, es ist nun ein Teil meines Lebens.“